Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr untersuchte das Bundesamt für Güterverkehr den noch jungen deutschen Fernbus-Markt, der seit Anfang des Jahres 2013 liberalisiert ist und in den vergangenen zwei Jahren ein enormes Wachstum verzeichnen konnte. Rund 240 Linien und mehr als 7.000 Fahrten pro Woche stehen Fahrgästen aktuell zur Verfügung. Dabei prognostiziert die Studie des BAG allerdings, dass der Netzausbau innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre sein finales Stadium erreichen wird. Statt mit neuen Linien an den Start zu gehen, fokussieren sich die Anbieter bereits jetzt darauf, Nacht- und Expresslinien auf vielbefahrenen Strecken zu eröffnen. Auch das Ausland wird für deutsche Fernbus-Anbieter immer attraktiver, weshalb mehr Verbindungen in internationale Metropolen wie etwa Amsterdam, Budapest und Prag auf dem Plan stehen. So sind vor allem die neu zusammengeschlossenen Konkurrenten MeinFernbus und FlixBus dabei, mit dem Fernbus ein europaweites Netz zu schaffen.
Ein zentraler Aspekt der Studie war es, ein detailliertes Bild des typischen Fernbus-Reisenden zu zeichnen: In der Regel nutzen den Fernbus vor allem Fahrgäste unter 35 Jahren, die gerne günstig verreisen. Der klassische Kunde ist allein unterwegs und mehrheitlich weiblich. Abgesehen von Studenten können sich auch viele Senioren mit dem neuen Verkehrsangebot anfreunden. Hier zeichnet sich allerdings ab, dass bestimmte Busunternehmen bei Best-Agern beliebter sind als andere, obwohl Fernbus-Kunden im Allgemeinen nur selten markentreu sind und für jede Reise dasselbe Unternehmen nutzen. Während die Kundengruppe über 65 Jahren in den Bussen von MeinFernbus lediglich 5 Prozent stellt, macht sie bei ADAC Postbus mit 18 Prozent mehr als den dreifachen Anteil aus. Ein Grund dafür könnte sein, dass Start-Ups wie MeinFernbus und FlixBus unter Senioren weniger bekannt sind als etwa ADAC Postbus, bei dem es sich um den Zusammenschluss zweier traditioneller deutscher Marken, dem Automobilclub ADAC und der Deutschen Post, handelt. Eine Erhebung des Fernbus-Anbieters MeinFernbus analysiert unterdessen den Reisezweck: Rund 63 Prozent der Fahrgäste besuchen mit dem Fernbus Freunde und Verwandte, 23 Prozent haben touristische Regionen zum Ziel und je sieben Prozent sind dienstlich unterwegs oder nutzen den Fernbus als Wochenendpendler. Betrachtet man die Kriterien, wonach eine Fernbus-Reise ausgewählt wird, gilt der Preis nach wie vor als wichtigster Faktor.
Nachdem der deutsche Fernbus-Markt in den ersten zwei Jahren von einem harten Konkurrenzkampf bestimmt war, der hauptsächlich über niedrige Preise ausgetragen wurde, findet langsam eine Konsolidierung statt. Im November 2014 erklärte beispielsweise der Fernbus-Anbieter city2city, eine Tochter des britischen Unternehmens National Express, sich vom deutschen Fernbus-Markt zurückzuziehen. Um schwarze Zahlen zu schreiben oder die aktuelle Gewinnmarge zu erweitern, arbeiten unterdessen zahlreiche Fernbus-Anbieter an der Optimierung ihrer Strategie: MeinFernbus und FlixBus schlossen sich zusammen und wollen nun gemeinsam in Richtung Ausland expandieren. Auf eine höhere Fahrtenfrequenz bei wenigen Linien setzt unterdessen der Fernbus-Anbieter IC Bus, der von der Deutsche Bahn AG betrieben wird. Generell zeichnet sich ab, dass die Busunternehmen sich der Nachfrage anpassen und weniger Fahrten an Wochentagen anbieten, dafür aber am Freitag und Samstag die Fahrtenfrequenz nach oben korrigieren. So soll eine möglichst hohe Auslastung gewährleistet werden. Diese Strategie bringt allerdings Probleme mit sich, denn zahlreiche Bushaltestellen in Deutschland verfügen nicht über die nötigen Kapazitäten, um Platz für alle Fernbusse und zugleich einen möglichst hohen Komfort für die Kunden zu bieten. Weitere Entwicklungshemmnisse für den deutschen Fernbus-Verkehr stellen der Mangel an qualifizierten Busfahrern sowie die gesetzlichen Bestimmungen zur Barrierefreiheit dar, die unter anderem vorsehen, dass ab 2016 alle Neufahrzeuge mit Rollstuhlstellplätzen ausgestattet sind.
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