Im Jahr 2007 wurde das private Schienenverkehrsunternehmen Locomore gegründet, das mithilfe einer Crowd-Funding-Kampagne im Dezember 2016 den Betrieb zwischen Stuttgart und Berlin aufnahm. Die erfolgreiche Finanzierung sah man als Beleg dafür, dass ein großes Interesse an einer Alternative zur Deutschen Bahn bestehe, doch trotz der 70.000 verkauften Tickets konnte die nötige Auslastung nicht erreicht werden. Rote Zahlen zwangen Locomore im Mai 2017 dazu, Insolvenz anzumelden und den Betrieb zunächst einzustellen.
Ab dem 24. August 2017 soll der Locomore-Zug allerdings wieder Fahrt aufnehmen und das unter der Schirmherrschaft des Fernbus-Marktführers FlixBus und des tschechischen Bus- und Bahn-Unternehmenes Leo Express. Letzterer betreibt seit Jahren erfolgreich Schienenverkehr von und nach Prag und zählt zu den wenigen privaten Zuganbietern in Europa, die sich gegen staatliche Unternehmen durchsetzen konnten. Auch für FlixBus ist der Schienenverkehr nicht gänzlich neu: Bereits seit 2013 besteht in Österreich eine Kooperation mit der WESTbahn und seit 2015 mit Leo Express. In Deutschland arbeitete FlixBus bisher allerdings nur mit einzelnen Nahverkehrsverbänden wie etwa dem KVB in Köln zusammen.
Zunächst wird Locomore viermal pro Woche von Stuttgart über Heidelberg, Frankfurt, Kassel und Hannover nach Berlin verkehren. Tickets sind ab 9,90 Euro zu haben; Teilstrecken gibt es bereits ab 5 Euro. Während Leo Express für den Betrieb der Züge zuständig ist, stellt FlixBus die Vertriebsinfrastruktur bereit. Tickets gibt es dementsprechend überall dort zu kaufen, wo auch FlixBus-Tickets verfügbar sind. In unserer Suche finden sich die Fahrten natürlich auch.
Durch die intermodale Verknüpfung von Fernbus und Zug verspricht sich FlixBus vor allem den Zugang zu neuen Kundenschichten. So könnten all jene Fahrgäste angesprochen werden, die den Fernbus bisher aufgrund von längeren Fahrtzeiten eher gemieden haben. „Intermodale Konzepte wie die Kombination aus Fernbus und Zug funktionieren bereits in anderen Ländern. So schaffen wir eine attraktive Alternative zum eigenen Auto. Wir glauben, dass die Vernetzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auch in Deutschland die Zukunft der Mobilität ist“, erklärt FlixBus-Geschäftsführer André Schwämmlein.
Zunächst wollen FlixBus und Leo Express die Züge noch unter dem jetzigen Namen betreiben, doch ist eine spätere Umbenennung nicht auszuschließen. Da FlixBus für die Übernahme des Locomore-Geschäfts eigens die Tochtergesellschaft FlixTrain gründete, könnte dieser Name später die Züge zieren. Mit dem neuen Zugangebot steht FlixBus erstmals in direkter Konkurrenz zur Deutschen Bahn. „Wenn das gut läuft und wir sehen eine Perspektive im Markt, dann bauen wir das Geschäft im Schienenverkehr vielleicht aus“, so Schwämmlein gegenüber der Wirtschaftswoche.
Diesen Beitrag teilen: