Um innerhalb Frankreichs von A nach B zu kommen, bedarf es entweder eines eigenen Autos oder der Staatsbahn SNCF. Günstige Fernbusse, wie sie nunmehr seit über zwei Jahren auf Deutschlands Straßen unterwegs sind, waren bis vor Kurzem noch Zukunftsmusik für die Grande Nation. Das soll sich allerdings schon bald ändern: Dank des „Loi Macron“ – einem Gesetzesentwurf des französischen Wirtschaftsministers Emmanuel Macron – könnten bereits ab September 2015 die ersten Fernbusse an den Start gehen. Aktuell sorgt die Kabotage noch dafür, dass Verbindungen zwischen zwei französischen Orten nur dann angeboten werden dürfen, wenn die Einzelrelation Teil einer grenzüberschreitenden Linie ist und mehr als 50 Prozent der Fahrgäste ein Ziel im Ausland ansteuern. Diese Ausnahmeregelung macht sich seit Februar der britische Fernbus-Anbieter megabus zunutze, der auf seiner Strecke von London nach Barcelona auch Paris und Toulouse miteinander verbindet. Das attraktive Angebot, das bereits ab 8 Euro zu haben ist, gilt als Vorbote des Macron’schen Gesetzes.
Wirtschaftsminister Macron und sein Liberalisierungsvorhaben stießen jedoch nicht bei allen Franzosen auf Wohlwollen. Um das Gesetz trotz der erwarteten Gegenstimmen endgültig verabschieden zu können, nahm die französische Regierung schließlich ein Misstrauensvotum im Kauf, das sie klar für sich entscheiden konnte. Demnach steht der Etablierung eines Fernbus-Marktes für Frankreich nichts mehr im Weg. Deutsche Anbieter gehören dabei zu den ersten, die sich mit Fernbuslinien auf französisches Terrain wagen: Das jüngst fusionierte Fernbus-Unternehmen MeinFernbus FlixBus startete bereits Direktverbindungen nach Paris. Der Postbus hält unterdessen in Straßburg. Deutsche Anbieter könnten dem französischen Busunternehmen iDBUS, einer Tochtergesellschaft der SNCF, nach der Marktliberalisierung Konkurrenz machen und so für Tiefpreise sorgen.
Dass eine Liberalisierung des französischen Fernbus-Marktes nötig ist, zeigen aktuelle Zahlen. Während 2013 in Großbritannien rund 30 Millionen und in Spanien 32 Millionen Fahrgäste den Fernbus nutzten, waren es in Frankreich lediglich 110.000 Reisende. In Deutschland waren im Jahr 2013, dem ersten Jahr nach der Marktöffnung, etwa acht Millionen Menschen mit dem Fernbus unterwegs. Bereits ein Jahr später waren es mehr als doppelt so viele und auch für 2015 wird ein erneuter Zuwachs an Fahrgästen erwartet. An den Ticketpreisen kann die geringe Anzahl an Fernbus-Fahrgästen in Frankreich nicht liegen. Eine Preisanalyse der Fédération des Transports de Voyageurs belegt, dass die Kosten für den Fernbus in Frankreich deutlich unter denen für Zugfahrten liegen: Für einen Kilometer sind im Fernbus durchschnittlich 6,90 Cent zu zahlen. Im Intercity müssen Reisende dafür 9,11 Cent auf den Tresen legen. Wer mit dem Hochgeschwindigkeitszug TGV unterwegs ist, muss noch tiefer in die Tasche greifen: Ein Kilometer schlägt hier mit 10,98 Cent zu Buche.
Egal ob Reisen in internationale Metropolen oder innerhalb des eigenen Landes – die Liberalisierung des französischen Fernbus-Marktes stellt einen weiteren Schritt in Richtung Europa-Netz dar, in dem Fahrgäste aus zahlreichen günstigen und komfortablen Reisealternativen wählen können.
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