Nur wenige Tage nach dem Ende des letzten Streiks im Fernverkehr der Deutschen Bahn steht bereits der nächste Ausstand fest: Am Montagnachmittag kündigte Klaus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), an, den Personenverkehr ab Mittwoch, den 20. Mai 2015 um 2 Uhr morgens zu bestreiken. Im Gegensatz zum letzten Arbeitskampf im Zugverkehr Anfang Mai wurde dieses Mal kein offizielles Ende angekündigt. Es wird jedoch gemunkelt, dass die Lokführer ihre Arbeit länger als zuletzt niederlegen wollen.
Nach den erneut gescheiterten Gesprächen zwischen GDL und Deutscher Bahn kommt es damit zum neunten Streik innerhalb von zehn Monaten. Dieser wird vermutlich auch der längste in der 21-jährigen Geschichte der Bahn werden. Trotz der Ankündigung versucht Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber immer noch, den Streik zu verhindern. So soll eine Schlichtung unter Leitung des früheren Bundesarbeitsrichters Klaus Bepler erreicht werden. Am Dienstagnachmittag gab es wieder Verhandlungen zwischen den beiden Parteien. Sie blieben bis zuletzt jedoch ergebnislos – die GDL will nun die nächste Eskalationsstufe einsetzen. Hintergrund des Streiks ist vermutlich das Inkrafttreten des neuen Tarifeinheitsgesetzes Anfang Juli. Dieses sorgt dafür, dass in Zukunft in einem Unternehmen ausschließlich der Tarifvertrag der größeren Gewerkschaft gilt. Die weitaus mächtigere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft würde somit in Zukunft den Ton in den Gesprächen mit der DB angeben. Die Lokführer versuchen deshalb, die Deutsche Bahn zu einem eigenständigen Tarifvertrag für ihre Berufsgruppe zu bewegen, um auch nach dem neuen Gesetz die Möglichkeit für Verhandlungen zu behalten. Unbeachtet der Kritik aus Wirtschaft und sozialen Netzwerken ist sich Weselsky sicher, dass die Fahrgäste Verständnis für die Zugausfälle haben.
Viele Bahnkunden reagierten bereits beim letzten Mal schnell, ließen sich ihre Zugtickets erstatten und stiegen auf die immer beliebter werdenden Fernbusse um. Im Verlauf des Streiks Anfang Mai zählte beispielsweise MeinFernbus FlixBus fünfmal mehr Zugriffe auf ihren Internetseiten als gewöhnlich. Die andauernden Bahnstreiks seit September 2014 bewegten viele Bahnfahrer zu einem Umstieg auf den Bus – insgesamt gab es in diesem Zeitraum etwa 500.000 neue Fernbus-Kunden in Deutschland. Diese Entwicklung liegt nicht zuletzt an der wachsenden Anzahl an Busverbindungen. Die komfortablen Reisebusse bieten neben WLAN auch Komfortsitze mit großer Beinfreiheit. Vor allem aber punkten die Busse mit ihren günstigen Preisen bei den Fahrgästen. Anders als oft angenommen wurden die Fahrpreise für Bustickets auch durch die verstärkte Nachfrage während des letzten Bahnstreiks nicht angehoben. Dies liegt am Yield-Management der Fernbus-Unternehmen, durch das ihre Ticketkontingente in verschiedene Preisklassen eingeteilt werden. Sobald die günstigere Kategorie ausverkauft ist, werden die Fahrten zum nächsthöheren Tarif angeboten. Eine Obergrenze ist jedoch im Voraus festgelegt und wird somit nicht durch einen erhöhten Andrang beeinflusst. Reisende, die aufgrund von Zugausfällen oder Verspätungen auf den Fernbus umsteigen wollen, sollten trotzdem so früh wie möglich buchen, um sich attraktive Sparangebote zu sichern.
Angesichts des wiederkehrenden Bahnstreiks sowie der anstehenden Pfingstferien rüsten sich die Fernbus-Anbieter für einen zusätzlichen Kundenansturm und wollen in den nächsten Tagen mehr Busse und Personal bereitstellen. Kunden sollten beachten, dass manche Fahrten zwischenzeitlich ausverkauft sein können und man die Buchung in diesem Fall später nochmals probieren sollte. Die Fernbus-Unternehmen sind fest entschlossen, jeden Fahrgast an sein gewünschtes Ziel zu bringen.
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